Aprilwetter

"April, April - der macht was er will," sagt der Volksmund. Und da ist tatsächlich etwas dran. Nicht selten zeichnet sich der April als ein überaus launischer und somit wechselhafter Monat aus. Das Repertoire an Wettererscheinungen im April ist breit gefächert. Je nach herrschender Großwetterlage ist nahezu die gesamte Palette an jahreszeittypischen Wetterphänomenen möglich. Auf diese Eigenart möchten wir in diesem Beitrag etwas genauer eingehen.

Bei Süd- und Südwestwetterlagen sind mit Hochdruckeinfluss sommerliche Temperaturen bis um 30 Grad möglich. Hierbei werden Luftmassen aus subtropischen oder äquatorialen Gefilden zu uns geführt. Durch die nur wenig schwankende Intensität der Sonneneinstrahlung sind diese Luftmassen nahezu das ganze Jahr über warm.

Bei Nordwetterlagen mit Tiefdruckeinfluss kann der Witterungscharakter hierzulande dagegen winterliche Züge mit Eis, Schneeschauern und Nachtfrost annehmen. Da die Sonne den Winter über die polaren Regionen kaum bis gar nicht bescheint, sammelt sich hier sehr zähe und mächtige Kaltluft an, die im April immer noch ausgeprägt ist. Demzufolge führen auch die Meere, wie zum Beispiel der Nordatlantik, das Europäische Nordmeer, die Nord- und die Ostsee noch recht kaltes Wasser. Wasser ist träge und es bedarf kontinuierlicher Sonneneinstrahlung, das Wasser und die darüber befindlichen Luftmassen zu erwärmen.

Gleichzeitig kann die täglich stärker werdende Sonneneinstrahlung die Landmassen in Süd- und Mitteleuropa stärker aufheizen. So stehen dem April sehr unterschiedliche Luftmassen zur Verfügung, welche je nach Anordnung der Hoch- und Tiefdruckgebiete zu uns gelenkt werden können.


Winterlicher Witterungs-Charakter im April 2010

Großwetterlage Anfang April 2010
Abb. 1: Großwetterlage Anfang April 2010

Anfang April 2010 war es sehr frisch. Ein Tiefdruckgebiet bei den Britischen Inseln lenkte Meeresluft polaren Ursprungs nach Deutschland. Sie sorgte bis in die Niederungen für Schneeregen und Graupelschauer, in den Mittelgebirgen schneite es. Nachts gab es bei klarem Himmel und schwachem Wind verbreitet leichten, örtlich sogar mäßigen bis strengen Frost.

Auswahl von Tiefsttemperaturen (Messhöhe 2 Meter) am 02.04.2010
Abb. 2: Auswahl von Tiefsttemperaturen (Messhöhe 2 m) am 02.04.2010

Über frisch gefallenem Schnee kühlte es sich in Oberstdorf auf bis zu -12,8 Grad ab und auch in einigen Tälern der Schwäbischen Alb wurden -10 Grad und darunter erreicht, wie beispielsweise an unserer Wetterstation in Albstadt-Degerfeld, an der es -12,1 Grad kalt wurde. Auch andernorts wurde es im Flachland oft -3 bis -6 Grad kalt.

Auswahl von Tiefsttemperaturen (Messhöhe 5 cm über dem Erdboden) am 02.04.2010
Abb. 3: Auswahl von Tiefsttemperaturen (Messhöhe 5 cm) am 02.04.2010

Über der 6 Zentimeter dicken Neuschneedecke kühlte es in Oberstdorf auf  -17,0 Grad ab und in Oberstaufen im Allgäu auf bis zu -13,8 Grad. In der Südwesthälfte waren -5 bis -9 Grad am Erdboden keine Seltenheit und auch im Norden und Westen stellte sich am Erdboden Frost mit bis zu -3 Grad ein.

Auswahl der Tageshöchsttemperaturen (Messhöhe 2 m) am 01.04.2010
Abb. 4: Auswahl der Tageshöchsttemperaturen (Messhöhe 2 m) am 01.04.2010

Die Tageshöchsttemperaturen erreichten am 01.04.2010 vielerorts nur 7 bis 9 Grad (wie beispielsweise in Hamburg und Bochum), in München wurden nur gerade einmal 4 Grad erreicht. In Dresden haben wir 11 Grad gemessen und selbst am Oberrhein war mit 13,1 Grad in Ihringen bereits das Maximum erreicht.

Insgesamt sind im April große Amplituden der Tagestemperatur möglich. So lag der Temperaturunterschied am 02.04.2010 nach einem frostigen Morgen bei nicht selten 10 bis 15 Grad, in einigen Tälern nach starkem Nachtfrost auch bei rund 20 Grad. In Oberstdorf sogar bei 21 Grad.


Typische Aprilschauer

Ein weiteres Merkmal im April sind die bei Tiefdruckeinfluss in kühler Meeresluft entstehenden zahlreichen, örtlich auch kräftigen Schauer. Diese können als Regen, Schneeregen, Schnee und Graupel niedergehen und nicht selten sind auch Gewitter dabei.
Mehrheitlich sind diese Schauer sehr kurz, denn sie ziehen oftmals in einer starken Höhenströmung über das Land hinweg. Innerhalb der Schauer kann es sich stark abkühlen, während die Temperatur bei Sonnenschein rasch wieder ansteigt.

Der sehr rasche Wechsel von heiteren Abschnitten und kurzen, örtlich kräftigen Regen-, Schneeregen-, Schnee- und Graupelschauern sowie vereinzelten Gewittern ist ganz typisch für die beschriebene Wetterlage.

Niederschlagsradaranimation vom 01.04.2010, 14:00 - 19:00 MESZ
Legende Niederschlagsradar DX
Abb. 5: Niederschlagsradaranimation vom 01.04.2010, 14:00 - 19:00 MESZ

In der Animation des Niederschlagsradars im Nordwesten Deutschlands ist die rasche Abfolge der Aprilschauer sehr gut nachvollziehbar. Sehr schnell zogen diese in der Höhenströmung von Südwest nach Nordost und waren in ihrer Intensität und Größe recht unterschiedlich.

vertikaler Temperaturunterschied am 01.04.2010 (schematisch)
Abb. 6: vertikaler Temperaturunterschied am 01.04.2010 (schematisch)

Die um diese Jahreszeit schon beachtliche Sonneneinstrahlung erwärmt die bodennahen Luftschichten stark. Wenn gleichzeitig feuchte und kalte Meeresluft einströmt, die besonders in höheren Luftschichten der Troposphäre kalt ist, bauen sich große vertikale Temperaturunterschiede auf. In unserem Beispiel herrschten in etwa 1500 Metern Höhe -6 Grad, in 5500 Metern Höhe rund -33 Grad. Diese Differenzen bewirken die Bildung starker Schauer- und Gewitterwolken. Der Höhepunkt dieser Entwicklungen wird im April zumeist zwischen 13 und 18 Uhr erreicht.

Mit sinkendem Sonnenstand nimmt dann auch der vertikale Temperaturgradient wieder ab und wenn die Sonne untergegangen ist, fehlt vom Erdboden her der Antrieb: Die Schauer- und Gewitterwolken fallen weitgehend in sich zusammen und lösen sich meistens auf. Ausnahmen, bei der auch nachts verstärkt Schauer und Gewitter auftreten, sind z.B. Kaltfronten bzw. Luftmassenwechsel oder Zonen starker konvergierender (d.h. zusammenlaufender gegensätzlicher) Strömungen.

Beispiel-Satellitenbild (sichtbarer Kanal) mit Schauerbewölkun
Abb. 7: Beispiel-Satellitenbild (sichtbarer Kanal) mit Schauerbewölkung

Das hochaufgelöste Satellitenbild zeigt eine für Aprilwetter typische Anordnung bzw. Struktur von Schauerbewölkung, die aus einer Höhe von 36 000 km oftmals der Wabenstruktur eines Bienenstocks ähnelt. Zu sehen ist der Ausschnitt Nordwestdeutschlands. Nach örtlich heftigen Schauern scheint zwischen den Schauerwolken (helle Flecken) immer wieder plötzlich die Sonne (dunkle Flecken).

Schauerbewölkung vom Boden aus fotografiert
Abb. 8: Schauerbewölkung vom Boden aus fotografiert
 
Bei derart labilen Wetterlagen treten auch häufig starke Schauer- und Gewitterböen auf. Sie können bis zu Sturmstärken heranwachsen. So erreichten am 31.03.2010 einige Böen mit 75 bis 96 km/h die Windstärken 9 bis 10. Am 01.04.2010 waren die Schauer zwar zahlreicher, aber der Höhenwind war etwas schwächer ausgeprägt als noch am Vortag. So wurden meist nur stürmische Böen von 60 bis 70 km/h gemessen, lokal sind dennoch Sturmböen bis zu 80 km/h aufgetreten.

Zum Abschluss der Betrachtung des winterlichen Witterungscharakters im April sei noch an den April 1986 erinnert: Am 10. und 11.04.1986 gab es im Süden und Südosten Deutschlands fast flächig Dauerfrost mit Schnee bis in tiefe Lagen und selbst die Temperaturen in Düsseldorf schafften es gerade einmal nur auf 3,0°C. Am 11. und 12.04.1986 erreichte uns für die Jahreszeit sehr kalte Luft: Im 850 hPa-Niveau (in ca. 1,5 km Höhe) lagen die Werte bei -10 bis -15°C. In der Nacht zum 12.04.1986 lockerte die Bewölkung vor allem in der Nordhälfte unseres Landes häufig auf und in der eingeflossenen Luftmasse wurden der Jahreszeit entsprechend sehr tiefe nächtliche Tiefsttemperaturwerte gemessen, wie z.B. in Hamburg mit -6,5°C oder in Magdeburg sogar mit -6,9°C.


Sommerlicher Witterungs-Charakter 2007

schematische Darstellung der Wetterlage vom 14.04.2007
Abb. 9: schematische Darstellung der Wetterlage vom 14.04.2007

Aber der April kann auch hochsommerlich ausfallen. Als Beispiel hier einige Informationen zum extrem warmen April des Jahres 2007.

Zwischen einer Tiefdruckzone über dem Atlantik und hohem Luftdruck über Ost- und Südeuropa wurde Deutschland von sehr warmer Luft aus Südeuropa erfasst. Es war die wärmste zu dieser Jahreszeit möglichen Luftmasse. Die sehr trockene Luft konnte sich bei strahlendem Sonnenschein und über ausgetrockneten Böden noch weiter aufheizen.

Wie auf der folgenden Temperaturkarte mit einer Auswahl der Tageshöchsttemperaturen zu erkennen ist, war es in weiten Landesteilen hochsommerlich warm, örtlich sogar heiß.

Auswahl der Tageshöchsttemperaturen (Messhöhe 2 m) am 14.04.2007
Abb. 10: Auswahl der Tageshöchsttemperaturen (Messhöhe 2 m) am 14.04.2007

Bereits in der ersten Monatshälfte bescherte uns der April 2007 hochsommerliche Temperaturen von bis zu 30°C. Mit bis zu 30,6°C wurde es in Köln-Porz-Wahn (Nordrhein-Westfalen) und Perl-Nennig (Saarland) bereits heiß. Auch in Köln-Niehl, Duisburg und in Marl wurde die 30-Grad-Marke erreicht und überschritten. An 14 Tagen konnten in Deutschland Sommerwerte von um oder über 25 Grad gemessen werden. Vom 12. bis zum 16.04.2007 war es in Nordrhein-Westfalen über 25 Grad warm, eine noch längere sommerliche Periode folgte vom 22. bis zum 29.04.2007.

Dieser April ist vielen Menschen in Erinnerung geblieben, da er mit doppelt so vielen Sonnenscheinstunden wie üblich sehr sonnenscheinreich war. Gleichzeitig zeichnete er sich durch eine extreme Trockenheit aus: Vielfach regnete es garnicht oder nur bis zu 5 % des üblichen Solls. Im Vergleich zum langjährigen Mittel (Referenz 1961 bis 1990) war der April 2007 auch rund 4,6 Grad zu warm. Ein ganz außerordentlicher Monat, der zeigt, wie groß die Kontraste im April sein können.

Diese Zusammenstellung wurde von Andreas Wagner, Lars Dahlstrom und Stefan Laps, Meteorologen der MeteoGroup Unwetterzentrale, im April 2010 erstellt.

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