Rekordregenmengen im August 2010

Der August 2010 geht in vielen Regionen Deutschlands als einer der regenreichsten seiner Art in die Annalen ein. Verbreitet ist die dreifache Menge an Regen gefallen, als in einem durchschnittlichen Augustmonat üblich ist. Regional sind sogar 500 Prozent an Regen gefallen; also das 5fache der sonst üblichen Menge.

Auslöser für diesen Überschuss an Nässe war eine sogenannte zyklonal geprägte Großwetterlage über Mitteleuropa, d.h. vorwiegend bestimmten Tiefdruckgebiete mit ihren Schlechtwetterfronten das Wettergeschehen. Immer wieder kam es dabei zu sehr ergiebigen, teilweise gewittrigen Regenfällen.

Anfang des Monats sorgte eine Luftmassengrenze über Ost- und Süddeutschland für hohe Regensummen. Besonders Sachsen und Brandenburg waren betroffen; hart traf es die Regionen in der Niederlausitz. Sturzfluten wälzten sich die Lausitzer Neisse entlang und sorgten für schwere Überschwemmungen in Tschechien und in Sachsen. Es kam zu Todesfällen und Schäden im zweistelligen Millionenbereich.

Animation der Bodenwetterkarten vom 05.08.2010 bis 08.08.2010
Animation der Bodenwetterkarten vom 05.08.2010 bis 08.08.2010

Nachdem es einige Tage zuvor bereits stark regnete, brachte ein Gewittertief am Samstag, den 07.08.2010 unwetterartigen Regen. Im Großraum Chemnitz verwüsteten mehr als 72 l/m² ganze Ortschaften. Besonders viel Regen meldeten auch die Wetterstationen Lössnitz/Sachsen mit 72,5 l/m², Aue mit 66,7 l/m², Neukirchen/Erzgebirge mit 62,4 l/m² und Eppendorf/Sachsen mit 58 l/m².

Auswahl von 24stündigen Niederschlagsmengen

Messzeitraum: 06.08.2010, 8 Uhr MESZ bis 07.08.2010, 8 Uhr MESZ
Auswahl von 24stündigen Niederschlagsmengen

Im weiteren Verlauf verlagerten sich die Starkregenfälle weiter nach Ostsachsen und die Regenmengen gipfelten in dreistelligen Summen. Nachdem bereits am Vortag im tschechischen Liberec 66,6 l/m² vom Himmel prasselten, summierten sich am Sonntag, den 08.08.2010 dort noch einmal 98,9 l/m² auf. Im Zittauer Gebirge und in der sächsischen Schweiz kam es zu Regenmengen von über 100 l/m² wie z.B. in Bertsdorf-Hörnitz (101,2 l/m²) und in Sebnitz (100,5 l/m²).

Auswahl von 24stündigen Niederschlagsmengen

Messzeitraum: 08.08.2010, 8 Uhr MESZ bis 09.08.2010, 8 Uhr MESZ
Auswahl von 24stündigen Niederschlagsmengen

Rekordregen im Münsterland

Ein ebenfalls außergewöhnliches Starkregenereignis erfasste zum Monatsende den Nordwesten und äußersten Süden Deutschlands. Auch im Münsterland war es in der ersten Monatshälfte bereits zu nass für normale Verhältnisse.

Die Temperaturgegensätze über Deutschland spitzten sich mit der Passage des Randtiefs BEATE zu. Auf der Rückseite des Tiefs wurde sehr kühle Luft vom Nordatlantik nach Mitteleuropa geführt. Gleichzeitig näherte sich schnell vom Atlantik her das Tiefdruckgebiet CATHLEEN und führte sehr warme und feuchte Subtropikluft aus Südwesten heran. Sie stieß auf die über Deutschland liegende kühle Luftmasse und es bildete sich eine markante Luftmassengrenze über der Mitte Deutschlands aus. Dies äußerte sich zum Beispiel in hochsommerlich heißen Temperaturen von bis zu 32°C in der Mitte und dem Süden Deutschlands, während es im Emsland und Ostfriesland mit kaum 16°C dagegen herbstlich kühl war.

Animation der Bodenwetterkarten mit Luftmassengrenzen und Temperaturgegensätzen
Animation der Bodenwetterkarten mit Luftmassengrenzen und Temperaturgegensätzen

Da sich diese Luftmassengrenze in der vorgegebenen Höhenströmung nur strömungsparallel verlagerte, kam es immer wieder zu Wellenbildungen an der Luftmassengrenze. Zusätzlich steuerte ein weiteres, vom Atlantik kommendes Tief (Tiefdruckgebiet DOREEN) mit einem weiteren Schwall sehr feuchter und warmer Subtropikluft nach Nordosten. So konnte sich über viele Stunden hinweg eine schmale, aber sehr intensive Starkregenzone über dem Münsterland und das südliche Niedersachsen behaupten. Durch eingelagerte Starkregenschauer und Gewitter kam es stellenweise zu Regenintensitäten von bis zu 30 l/m² binnen einer Stunde. Die nachfolgende Radaranimation zeigt eindrucksvoll das quasistationäre Starkregengebiet.

Radaranimation (10minütig, hochaufgelöst)
Radaranimation (10minütig, hochaufgelöst)
Skala Niederschlagsradar
Mehr als 180 l/m² ergossen sich innerhalb von 24 Stunden zum Beispiel an der Station Steinfurt, in Ahaus 150 l/m², in Emsdetten 149 l/m². In zahlreichen Orten und Gemeinden kam es zu schweren Überschwemmungen, Stromausfällen und zu Schäden in Millionenhöhe. Im Raum Steinfurt musste der Katastrophenalarm ausgerufen werden.

24stündige Niederschlagsmengen Münsterland

Messzeitraum: 26.08.2010, 8 Uhr MESZ bis 27.08.2010, 8 Uhr MESZ
24stündige Niederschlagsmengen Münsterland

Niederschlagssummenkarte Nordrhein-Westfalen (Benutzerzugang Unwetterzentrale)

Messzeitraum: 25.08.2010, 14 Uhr MESZ bis 27.08.2010, 14 Uhr MESZ (48stündig)
Niederschlagssummenkarte Nordrhein-Westfalen (Benutzerzugang Unwetterzentrale)

Niederschlagssummenkarte Deutschland (Benutzerzugang Unwetterzentrale)

Messzeitraum: 25.08.2010, 14 Uhr MESZ bis 27.08.2010, 14 Uhr MESZ (48stündig)
Niederschlagssummenkarte Deutschland (Benutzerzugang Unwetterzentrale)

Rekordregenmengen Endstand August 2010

Ausgelöst durch Tiefdruckgebiet ERINA kam es auch an den Alpen zu Starkregen. In Balderschwang, Spitzingsee, Aschau-Stein und Oberstdorf-Birgsau wurden in der Zeit vom 29.08.2010, 23 Uhr MESZ bis 31.08.2010, 20 Uhr MESZ, also innerhalb von nur 45 Stunden, weit über 100 l/m² gemessen. Am meisten Regen viel dabei mit 130,4 l/m² in Balderschwang im Allgäu.

Im Münsterland summierten sich zum Beispiel an der Station Münster/Westfalen bis zum Ende des Monates 229 l/m². Dies ist die höchste Monatsmenge an Regen überhaupt seit dem Beginn der Wetteraufzeichnungen im Jahr 1891. Damit wurde der Augustrekord von 198,3 l/m² aus dem Jahre 1924 deutlich übertroffen. In Ahaus kamen 200,2 l/m² zusammen, in Steinfurt-Burgsteinfurt 306 l/m² und die Spitze wurde in Steinfurt mit 349,2 l/m² erreicht.

Die nassesten Orte Deutschlands im August 2010 waren Balderschwang (Bayern) mit 497 l/m², Mindelheimer Hütte mit 491 l/m² und Oberstdorf-Birgsau mit 456 l/m².

Niederschlagsspitzenreiter im August 2010 nach Bundesländern

Die Prozentangaben daneben stellen den Vergleich zum 30jährigen Mittel zwischen 1961 und 1990 dar, sofern die Messstationen über eine derart lange Messreihe verfügen: 100 % entspricht dem SOLL

  • Berlin-Tempelhof: 142 l/m² (234 %)
  • Brandenburg: Guteborn/Lausitz 271 l/m²
  • Baden-Württemberg: Schauinsland 340 l/m² (256 %)
  • Bayern: Balderschwang: 497 l/m² (199 %)
  • Bremen-Flughafen: 95 l/m² (139 %)
  • Hessen: Wasserkuppe 283 l/m² (282 %)
  • Hamburg: Hamburg-Veddel 167 l/m² (243 %)
  • Mecklenburg-Vorpommern: Greifswald 270 l/m² (499 %)
  • Niedersachsen: Clausthal-Zellerfeld 300 l/m² (274 %)
  • Nordrhein-Westfalen: Steinfurt 349 l/m² (511 %)
  • Rheinland-Pfalz: Bad Marienberg 193 l/m² (197 %)
  • Schleswig-Holstein: Grambek 222 l/m² (310 %)
  • Saarland: Kirkel 149 l/m²
  • Sachsen: Sebnitz 366 l/m² (404 %)
  • Sachsen-Anhalt: Brocken 278 l/m² (207 %)
  • Thüringen: Kleiner Inselsberg 256 l/m²


In weiten Teilen Deutschlands fiel häufig mehr als doppelt so viel Regen als üblich. Im landesweiten Durchschnitt sind im August 2010 rund 212 % der langjährigen Durchschnittsmenge gefallen. Im nordrhein-westfälischen Steinfurt fiel im August mehr als 5mal so viel an Regen (511 %) als sonst üblich ist. Dies ist die höchste prozentuale Abweichung vom langjährigen Mittel, die deutschlandweit für den August 2010 auszumachen ist. Es gibt aber auch ein paar Stationen, an denen weniger Regen als üblich gefallen ist. Dies gilt insbesondere für die Mitte und Teile des Südens Baden-Württembergs: In Gottmadingen, im Hegau, fiel mit 78 l/m² gerade einmal 79 % des dort üblichen Monatssolls an Regen. Dies ist die niedrigste prozentuale Abweichung vom langjährigen Mittel, die landesweit für den August 2010 ermittelt werden konnte.


Diese Zusammenstellung wurde von Andreas Wagner und Stefan Laps, Meteorologen in der Unwetterzentrale, im September 2010 erstellt.

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