Randtief VERA und starker Südföhn in den Alpen - 08., 09.12.2006 (Tief Nr. 18)

Wetterlage
Animation des Bodendruckverlaufs
Diese Animation basiert auf Bodenanalysen des UKMO NA-Modells der Haupttermine 00, 06, 12 und 18 UTC und den dreistündigen Vorhersagen der Zwischentermine 03, 09, 15 und 21 UTC. Sie veranschaulicht die Entwicklung und die Zugbahn des Randtiefs VERA sowie die rasche Verlagerung des Tiefs. Die Position des steuernden Tiefs ULRIKE wird ebenfalls deutlich, da sie maßgeblich für den Verlauf des Tiefs mit dem kräftigen Höhenwind verantwortlich ist. Die 552 gpdm-Isohypse stellt in etwa den Jet im 500 hPa-Niveau dar und so wird deutlich, dass das Tief annähernd parallel zu dieser Linie verläuft. Am Mittag bzw. Nachmittag des 8.12. taucht in Süddeutschland ein "t" auf, welches das durch Überströmungseffekte der Alpen hervorgerufene Föhntief markiert.

Bodendruck- und 10 m-Windfeldverlauf
Diese Animation für den mitteleuropäischen Ausschnitt zeigt den Isobarenverlauf des Bodenluftdrucks sowie das Verhalten der mittleren Windgeschwindigkeit in 10 m Höhe. Durch die Darstellung der dreistündigen Termine des UKMO NA-Modells beginnend am 8.12. morgens um 7 Uhr MEZ wird die immense Verlagerungsgeschwindigkeit und die Kleinräumigkeit des Sturmfeldes deutlich sowie dessen Abschwächung am Abend des 8.12. bzw. zur Nacht auf den 10.12. mit Nordostverlagerung des Tiefs. Darüber hinaus ist auf den großen Druckgradient am Alpenhauptkamm hinzuweisen, welcher zu starkem Südföhn im Alpenraum führte. Das Föhntief nördlich des Alpenhauptkammes in Süddeutschland ist bei einer derart starken Südanströmung der Alpen charakteristisch und führte bei Ostwärtsverlagerung zu Druckanstiegen von 5 bis 7 hPa in drei Stunden, was wiederum Sturmböen im Süden Baden-Württembergs nach sich zog, bzw. eine orkanartige Bö von 111 km/h auf dem Belchen im Schwarzwald. Die Windvektoren veranschaulichen durch die feine Modellauflösung die Änderung der Windrichtung im Bereich der Frontalzone. Sogar der sich vorübergehend einstellende Böhmische Wind im Osten Sachsens wird durch einen entsprechenden Isobarenknick und einer Verstärkung des Südwindes nördlich des Elbsandsteingebirges bzw. Zittauer Gebirges deutlich. In den folgenden Animationen wird in der Höhe ein Starkwindfeld im Osten Sachsens simuliert:

Verlauf des Windfeldes im 925 hPa-Niveau
Hier sehen Sie die Animation des Starkwindfeldes in 787 m Troposphärenhöhe, sprich im 925 hPa-Niveau. Hier werden keine Isobaren sondern Isohypsen dargestellt, d.h. es gilt die Frage, in welcher Höhe beträgt der Luftdruck 925 hPa. Die Einheit wird in geopotentiellen Dekametern (dpdm) angegeben, d.h. um eine Meterangabe zu bekommen, muss ans Ende der Zahlen an den Isohypsen eine 0 gehängt werden. Das Sturmfeld in dieser Druckfläche stellt eindrucksvoll das Wirken des Druckgradienten des Tiefs VERA in Zusammenhang mit dem daraus resultierenden Sturmfeld dar. So wirkt vor allem in den Morgen- und Vormittagsstunden des 8.12. ein markantes Sturmfeld über Nordfrankreich, das sich am Mittag auf seinem Weg in Richtung Belgien vorübergehend abschwächt und sich dann am Nachmittag und Abend in Richtung Niederrhein und Ruhrgebiet wieder verstärkt. Bei dieser Animation ist zu bedenken, dass das Windfeld quasi durch die Orographie (Eifel, Hunsrück, Westerwald, Hochsauerland etc.) hindurch geht und sich somit für die Mittelgebirge keine brauchbare Information herausfiltern lässt.

Verlauf des Windfeldes im 850 hPa-Niveau
In der 850 hPa-Druckfläche ist der Höhenwind noch wesentlich stärker. Zu Beginn beeinflusst der Druckgradient des Tiefs ULRIKE noch den Norden Deutschlands, ehe dann von Südwesten her Randtief VERA aufzieht. Hierbei wird über Frankreich ein klassischer Kanalisierungseffekt zwischen Zentralmassiv und Jura deutlich.

Ausführliche Analyse der Wetterlage
An der Kaltfront des Sturmtiefs ULRIKE (Tief Nr. 17) bildete sich am 6.12. auf dem Atlantik etwa auf dem 30. Breiten- und 43. Längengrad eine Wellenstörung. Am Mittag hatte diese Störung bereits einen eigenständigen Tiefkern mit 1015 hPa im Zentrum ausgebildet. Während sich ULRIKE bis zur Nacht auf den 7.12. weiter verstärkte und ihren Einfluss auf das Wetter auf den Britischen Inseln geltend machte, schwächte sich die kleine Zyklone wieder ab. Ihre Frontalzone bildete zwar eine Okklusion, aber die Temperaturgegensätze zwischen Vorder- und Rückseite reichten nicht aus, um das Tief weiter gedeihen zu lassen. Stattdessen formierte sich etwa 200 bis 300 km nördlich bis zum Morgen entlang einer Konvergenzlinie ein neues Randtief mit 1008 hPa im Zentrum. Seine Genesevoraussetzungen waren günstiger, denn auf seiner Rückseite konnte sich hinreichend KLA auswirken.

So wuchs bis zum Mittag des 7.12. das eigenständige kleine Randtief VERA heran, das sich auf einen Kerndruck von 998 hPa vertiefte. Seine Frontalzone bildete noch keine Okklusion und wirkte gemeinsam mit der o.e. Wellenstörung an der Kaltfront des Sturmtiefs ULRIKE. Jenes lag mit 963 hPa Kerndruck am Mittag über Schottland. Bis zum Abend verlagerte sich VERA unter langsamer Verstärkung weiter nach Osten und seine Ausläufer wuchsen im Laufe der Abendstunden mit der Kaltfront des Sturmwirbels ULRIKE zusammen. ULRIKE befand sich derweil mit 962 hPa über den Färöer-Inseln, die Kaltfront überquerte den Osten Deutschlands und ging durch ihre bogenförmige Ausdehnung über der Mitte Deutschlands nach Westen in die Warmfront des Randtiefs VERA über. Durch die mehr auf Süd drehende Strömungskomponente stellte sich direkt am Alpenhauptkamm Föhn ein, welcher sich mit teils orkanartigen Böen in Gipfellagen bemerkbar machte. VERA konnte sich bis zur Nacht auf den 8.12. weiter verstärken, da sich die Temperaturgegensätze durch die Advektion sehr milder Luft aus Spanien auf ihrer Vorderseite gen Norden und kühler Atlantikluft auf ihrer Rückseite erhöhten. Somit betrug der Kerndruck über dem Golf von Biskaya um 1 Uhr MEZ 985 hPa. Die rasche Verlagerung des Tiefs vom Atlantik zur Biskaya ist auf den markanten Jet mit ca. 90 kn (167 km/h) in 500 hPa zurückzuführen.

Bis zum Morgen des 8.12. um 7 Uhr hatte sich VERA auf 978 hPa an der französischen Nordwestküste verstärkt und einen starken Druckgradienten auf kleinem Raum aufgebaut. An der französischen Westküste wurden teils orkanartige Böen bis 115 km/h erreicht, in Le Talut sogar eine Orkanbö bis 130 km/h. Der Südföhn verstärkte sich in den Alpen sodass auf einigen Gipfeln Österreichs und der Schweiz Orkanböen erreicht wurden. Der 2247 m hohe Patscherkofel bei Innsbruck registrierte bis um 7 Uhr MEZ eine Spitzenbö von 156 km/h. Hinter der nach Norden ziehenden Warmfront des Tiefs VERA gelangte aus südlicher Richtung ein Schwall milder Luft nach Deutschland. Letzte schwere Sturmböen an der Nordseeküste, die noch durch den Einfluss des Druckgradienten von Sturmtief ULRIKE zustande kamen, bildeten nach und nach die Ausnahme. Ein erstes Regengebiet, das der Kaltfront von VERA vorauseilte, überquerte den Westen Deutschlands.

Der kräftige Höhenwind führte das kleine Randtief rasch über den Nordwesten Frankreichs. Bis um 10 Uhr MEZ wurden dort bis ins Flachland schwere Sturmböen von 90 bis 100 km/h gemessen, Bourges und Angers registrierten orkanartige Böen von 107 km/h. St. Sauveur an der französischen Westküste meldete Orkanböen bis 144 km/h. Der Luftdruck stieg auf der Rückseite des Tiefkerns stark an: Es wurden Druckanstiege im Westen Frankreichs von bis zu 15,3 hPa in 3 Stunden registriert.

Bis zum Vormittag legte der starke Föhn am Alpenhauptkamm weiter zu: Auf dem 2282 m hohen Gütsch/Andermatt in der Schweiz wurde eine Spitzenbö von 156 km/h erreicht, auf dem Patscherkofel in Österreich sogar eine Bö von 161 km/h. Vor allem in der Schweiz brach der Föhn bereits in erste prädestinierte Täler durch. So erreichte beispielsweise Altdorf auf 449 m eine schwere Sturmbö von 96 km/h.

Die Kaltfront VERAs zog derweil mit einem kompakten Gebiet schauerartig verstärkten Regens in den Westen Deutschlands. Vor allem im Eifel- und Hunsrückanstau wurden Regenmengen von etwas mehr als 10 l/m² binnen weniger Stunden erreicht, ansonsten kam es zu leichtem bis mäßigen Landregen, der mit hoher Geschwindigkeit über den Westen hinwegzog.

Am Mittag des 8.12. lag der Kern des Tiefs mit 979 hPa über dem Norden Frankreichs etwa zwischen Dunkerque und Abbeville. Im Bereich der größten Druckunterschiede bzw. des kräftigsten Windfeldes von 55 bis 60 kn (102 bis 111 km/h) in 925 hPa bzw. 75 bis 80 kn (139 bis 148 km/h) im 850 hPa-Niveau wurden in Toussus, Le Noble, Paris CDG und Troyes orkanartige Böen von 115 km/h erreicht. Auch die angrenzenden Stationsdaten wiesen Werte zwischen 94 und 104 km/h auf. In höheren Lagen Westdeuschlands wurden erste Sturmböen gemessen. Der Brocken im Harz meldete 133 km/h. Durch einen Downslope-Effekt wurde aus südlicher Richtung an der MeteoGroup-Wetterstation Ilsenburg auf 250 m eine Bö von 104 km/h erreicht. Klassischer Weise wirkte sich auch der Böhmische Wind durch Südost- bis Südanströmung aus dem Böhmischen Becken heraus auf die Gebiete zwischen Elbsandsteingebirge und Zittauer Gebirge aus. Die Station Lichtenhain-Mittelndorf auf 300 m maß im Zeitraum zwischen 12 und 13 Uhr MEZ eine Bö von 80 km/h.

Der starke Föhn in den Alpen erreichte durch die weiter zunehmende Südanströmung sein Maximum: Auf dem Gütsch/Andermatt in der Schweiz wurden Spitzenböen von 180 km/h erreicht, in Ebenalp auf 1640 m 163 km/h. In prädestinierten Tallagen waren zum Teil Böen um 100 km/h oder etwas darüber zu verzeichnen. So kam es, dass der Föhn auch bis zum Bodensee durchbrach: Altenrhein auf 398 m registrierte eine orkanartige Bö von 109 km/h. Am anderen Bodenseeufer auf deutscher Seite kam Meckenbeuren auf 417 m immerhin schon auf 67 km/h. Bis zum Nachmittag brach der Föhn dann auch bis ins Ostallgäu durch: Hoperau auf 844 m meldete bis um 16 Uhr MEZ 83 km/h; Kressbronn am Bodensee 76 km/h. Das durch Überströmungseffekte hervorgerufene Föhntief befand sich mit 994 hPa im Süden Baden-Württembergs. Auf der Alpensüdseite herrschte ein Luftdruck von mehr als 1010 hPa vor.

Der Schnellläufer VERA lag zu diesem Termin mit 979 hPa an der niederländischen Südwestküste. Von Nordfrankreich über Südbelgien und Luxemburg meldeten die Messstationen verbreitet schwere Sturmböen von über 90 km/h. Betebürg-Oberler auf 304 m kam im Süden Luxemburgs auf einen Spitzenwert von 113 km/h. Im Westen Deutschlands verstärkte sich der Wind weiter und erste orkanartige Böen wirkten sich in der Eifel sowie im Moseltal aus. Nachdem das Föhntief am Nachmittag unter Verstärkung rasch das Alpenvorland entlang nach Osten wanderte und von Westen her zu Druckanstiegen von bis zu 6 hPa in 3 Stunden und einzelnen Sturmböen im Flachland bzw. teils orkanartigen Böen im Hochschwarzwald führte, sorgte die Kaltfront des Schnellläufers VERA im Schwarzwald für länger andauernden, schauerartig verstärkten und besonders in Richtung Südschwarzwald auch ergiebigen Regen. Pro Stunde kamen zum Teil über 10 l/m² zusammen und die Gesamtregenmengen beliefen sich bis zum Abend auf knapp über 30 l/m², wie z.B. in Todtmoos und in Freiburg.

Am Nachmittag erreichte der Schnellläufersturm im Westen seinen Höhepunkt mit Spitzenböen von 90 bis 106 km/h. Am frühen Abend betraf der stärkste Druckgradient die Gebiete vom Niederrhein über das Münsterland und das östliche Ruhrgebiet mit häufigen Sturmböen über 80 km/h bzw. orkanartigen Böen wie z.B. in Unna von 106 km/h. Einerseits wirkte sich dabei der starke Luftdruckunterschied aus, andererseits sickerte hinter der zur Mitte Deutschlands weiterziehenden Kaltfront kühlere Meeresluft heran. Jene führte zu einer labilen Luftschichtung und folglich konnte durch Turbulenzen der Höhenwind von 55 bis 60 kn (102 bis 111 km/h) aus dem 925 hPa-Niveau heruntergemischt werden.

Der Tiefkern füllte sich etwas auf und lag um 19 Uhr MEZ mit 981 hPa in Leeuwarden an der nordniederländischen Nordseeküste. Die Druckanstiege hinter dem Tiefkern waren nicht mehr so signifikant, wie noch am Morgen über Frankreich. Im Westen Deutschlands stieg der Druck mit rund 5, 6 hPa in 3 Stunden an, über Belgien noch mit teils 10 hPa. Das Starkwindfeld verlagerte sich am Abend über das Münsterland hinweg zum Teutoburger Wald und Weserbergland. Auf dem Brocken wurde eine Spitzenbö von 191 km/h gemessen. Via Downslope erreichte Ilsenburg auf 250 m sogar eine Orkanbö von 122 km/h und war damit die höchte registrierte Flachlandbö in Deutschland. Durch Südwest-Überströmung des Thüringer Waldes kam es auch in Erfurt zu Sturmböen, in Weimar sogar zu einer schweren Sturmbö um 90 km/h.

Im Laufe des späteren Abends schwächte sich das Windfeld etwas ab. Im norddeutschen Tiefland kam es meist zu Sturmböen von über 75 km/h. In der Nacht zum 9.12. lag der Tiefkern mit 984 hPa bereits über Dänemark und Sturmböen beschränkten sich meist auf Nord- und Ostseeküste sowie auf Teile Mecklenburg-Vorpommerns sowie dem Osten und Südosten Schleswig-Holsteins. Am Morgen ließ der Wind dann auch an der Ostseeküste deutlich nach. Der Föhn in den Alpen schwächte sich bereits am Vorabend und in der Nacht deutlich ab und beschränkte sich mit kräftigen vornehmlich auf den Alpenhauptkamm. Durch das neue Tief WENDELA, das vom westlichen Mittelmeer weiter zur Alpensüdseite zog, setzte in den Alpen kräftiger Schneefall ein.

MOS-Diagramme
MOS-Diagramme für den Patscherkofel
Hier finden Sie drei MOS-Diagramme für den Patscherkofel in Österreich: Das erste ist das Knüpfer-MOS-Diagramm basierend auf ECMWF-Daten, das zweite ist ebenfalls vom Knüpfer-MOS basierend auf GFS-Daten - beide ähneln sich sowohl beim Wind als auch beim Regen. Das dritte Diagramm stammt vom MM-MOS, das für den Patscherkofel Spitzenböen bis 190 km/h simuliert hat.

Satellitenbilder
Infrarot-Satellitenbild von 08.12.2006 - 06 UTC
Das Infrarot-Satellitenbild am 8.12. morgens um 7 Uhr zeigt den Wirbel des Tiefs VERA mit Zentrum über dem Nordwesten Frankreichs. Die Kaltluftschauerbewölkung, die in breitem Strom vom Nordatlantik bis auf die Rückseite des Tiefs VERA advehiert wird, macht deutlich, dass sich das Tief zu einem Sturmtief entwickeln konnte. Zu diesem Termin erreicht ein ersten Regengebiet den Westen Deutschlands. Das alternde und steuernde Tief ULRIKE bei Norwegen hat sich inzwischen mehrfach verwirbelt.

Infrarot-Satellitenbild von 08.12.2006 - 12 UTC
Am Mittag des 8.12. um 13 Uhr ist VERA weiter nach Nordfrankreich in Richtung Belgien gezogen. Seine Ausläufer führen gebietsweise zu Regen in Deutschland. Der eindrucksvolle Wirbel über dem Golf von Biskaya ist auf Basis einer Konvergenz durch verstärkte Kaltluftadvektion und organisierter Konvektion entstanden. Das Teiltief erreichte bis zum Abend einen Kerndruck von 996 hPa.

Visible-Satellitenbild mit Frontalzonen
Visible-Satellitenbild mit Frontalzonen
Am Nachmittag um 14:30 Uhr MEZ sah die Frontalzone und Lage des Tiefs in etwa so aus. Das Zentrum wies einen Kerndruck von 979 hPa an der belgischen Nordseeküste auf. Vorderseitig der Kaltfront wurde aus südlicher bis südöstlicher Richtung milde Luft herangeführt (roter Pfeil). Hinter der Kaltfront zunächst nur wenig kühlere Luft (grüner Pfeil). Hinter der VERAs Back Bend-Okklusion drehte die Strömung auf Nordwest und führte kühle Luft nach Nordfrankreich. Im okklusiven Bereich lag das stärkste Windfeld.

Vorhersage
Die Entwicklung eines Randtiefs wurde von den führenden nationalen und internationalen unterschiedlich früh und unterschiedlich intensiv erkannt bzw. berechnet. Das amerikanische GFS war mit das erste Modell, das fünf bis sieben Tage zuvor von einer heftigen Randtiefentwicklung ausging. UKMO hatte drei bis vier Tage zuvor ein schwaches Randtief ermittelt und das GME hatte erst zwei Tage vorher ein solches berechnet. 24 Stunden vor Ereignisbeginn war die genaue Entwicklung und Zugbahn des Randtiefs noch unsicher: GFS rechnete eher eine schwächere Variante, vor allem UKMO NA näherte sich jedoch mit dem 6 und 12 Z-Lauf des 7.12. einer stärkeren Entwicklung an. Und somit blieben das UKMO NA und die Brackies bis zum Ist-Zustand letztlich konsistent und ermittelten die Entwicklung und Zugbahn des Randtiefs exakt. Es sollte einen niedrigsten Kerndruck zwischen 978 und 976 hPa sowie einen starken und kleinräumigen Druckgradienten aufweisen. Das GFS berechnete das Randtief 6 bis 10 hPa schwächer und war daher bereits im Ist-Zustand unbrauchbar. Der Schwerpunkt des Starkwindfeldes sollte laut UKMO NA von der französischen Westküste über Nordfrankreich hinweg zum Niederrhein, ins Münsterland und weiter über das Weserbergland hinweg ziehen und sich auf seinem Weg in Richtung Norddeutschland dann langsam abschwächen. Diese Entwicklung ist entsprechend eingetroffen. UKMO NA glänzte darüber hinaus durch seine feine Auflösung und skizzierte orographische Effekte hervorragend. Auch LM und GME waren in ihren letzten Läufen ziemlich präzise in ihrer Windvorhersage. ECMWF und folglich EZ-MOS waren hingegen "die Verlierer" dieser Sturmlage, da sie weder den Alpenföhn noch die Randtiefentwicklung auch nur annähernd korrekt erfasst hatten.

Durch das VERA vorausgehende Sturmereignis ULRIKE (vgl. Tief #17) standen in den Vor- und Akutwarntexten der Unwetterzentrale für das Sturmereignis am 6. bzw. 7.12. bereits die Informationen über eine Randtiefentwicklung am 8.12. sowie neuerlich stürmische Böen. Mit dem 18 UTC-Lauf des UKMO NA am 7.12. bzw. dem 0 UTC-Lauf am 8.12. wurden 6 bis 10 Stunden vor Ereignisbeginn vom Saarland über Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen bis in Teile Niedersachsens Akutwarnungen im Flachland für schwere Sturmböen von 90 bis 100 km/h ausgegeben mit dem Hinweis, dass sich noch Änderungen ergeben und eine Anhebung der Warnung auf Stufe rot möglich ist. Der Brocken bekam ein Violett für Böen von 130 bis teils deutlich über 150 km/h. In einigen westlichen Berglagen wurden rote Warnungen für Böen um 115 km/h ausgegeben. Mit dem 6 UTC-Lauf des UKMO NA und der Böenentwicklung über Frankreich wurden dann vom Niederrhein über das Münsterland und das nordöstliche Ruhrgebiet bis ins Weserbergland 4 bis 6 Stunden vor Ereignisbeginn rote Akutwarnungen fürs Flachland mit Böen bis etwa 115 km/h ausgegeben. Die westlichen Berge erhielten eine rote Orkanwarnung. Die verbleibenden Teile Niedersachsens, Schleswig-Holstein, Teile Mecklenburg-Vorpommerns, Sachsen-Anhalts, Thüringens und Hessens wurden vor Böen von 80 bis 90 km/h 8 bis 12 Stunden vor Ereignisbeginn akut gewarnt. Um die Harzregion herum erfolgte am Mittag des 8.12. eine rote Flachlandwarnung für Böen um 110 km/h.

Die starke Föhnlage im Alpenraum wurde insbesondere vom feinmaschigen UKMO NA bis zu 36 Stunden im Voraus sehr gut erkannt. Die 700 hPa-Windfeldprognosen sowie das MSL-Druckfeld gaben frühzeitig Indizien auf ein heftiges Föhnereignis, sodass die Meteorologen der Unwetterzentrale frühzeitig vor Orkanböen warnten und auch vor schweren Sturmböen in prädestinierten Tallagen. Das MM-MOS berechnete 24 Stunden zuvor für den Patscherkofel in Österreich sogar Spitzenwerte bis 190 km/h. Die Meteorologen in Österreich warnten die Region um den Patscherkofel herum violett für Böen um 180 km/h.

Warnkarte der Unwetterzentale
Warnkarte der Unwetterzentale
Die Warnkarte der UWZ in Deutschland sah ab den Mittagsstunden des 8.12. 6 Stunden vor Ereignisbeginn so aus. Der stärkste Druckgradient würde sich zwischen Niederrhein, Münsterland, nordöstliches Ruhrgebiet bis ins Weserbergland auswirken. Die Rotwarnungen in Sachsen-Anhalt um den Oberharz herum wurden auf Grund sich auswirkender orographischer Effekte (Downslope) ausgegeben. Im Osten Sachsens kam der Böhmische Wind zum Tragen und im alpinen Raum herrschte starker Föhn.

Spitzenböen (ab 130 km/h) - 7.12. 16 Uhr bis 9.12. 1 Uhr
ausgelöst durch den Föhn
Quellen der Daten: Messnetze MeteoGroup, DWD, Auswahl

  • 180 km/h - CH: Gütsch/Andermatt
  • 169 km/h - A: Patscherkofel
  • 163 km/h - CH: Ebenalp
  • 143 km/h - CH: Lauberhorn
  • 141 km/h - A: Sonnblick
  • 140 km/h - CH: Piz Martegnas
  • 137 km/h - Zugspitze
  • 130 km/h - Wendelstein; A: Rudolfshütte


Spitzenböen (ab 100 km/h) - 8.12. 7 Uhr bis 9.12. 7 Uhr
ausgelöst durch das Sturmtief, ohne Föhn
Quellen der Daten: Messnetz MeteoGroup, DWD, Auswahl

  • 191 km/h - Brocken
  • 122 km/h - Ilsenburg
  • 111 km/h - Belchen/Schwarzwald
  • 107 km/h - Oerlinghausen, Schleiden-Schöneseiffen, Trier
  • 106 km/h - Rengsdorf, Unna
  • 102 km/h - Eschweiler
  • 100 km/h - Helgoland-Oberland


Diese Analyse wurde von Manfred Spatzierer und Stefan Laps, Meteorologen der Unwetterzentralen Deutschland und Österreich, im Dezember 2006 erstellt.

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